Selbstständige und KMU-Unternehmer dürfen wegen Corona nicht ins Bodenlose fallen

Selbstständige und KMU-Unternehmer dürfen wegen Corona nicht ins Bodenlose fallen

Selbstständige und KMU-Unternehmer drohen bei den wirtschaftlichen Massnahmen gegen Corona zwischen Stuhl und Bank zu fallen – dabei wurden Bundesrat und SECO seit Jahren auf die Problematik hingewiesen

Selbständigerwerbende, Arbeitgeber und Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung sind von den Leistungen der Arbeitslosenversicherung und damit auch von Kurzarbeit ausgeschlossen. Dies, obwohl viele von ihnen Beiträge an die ALV ausrichten müssen. Betroffen davon sind Firmeninhaber, Geschäftsleiter und Teilhaber an Aktiengesellschaften und GmbHs sowie deren Ehefrauen und Ehemänner oder Partner in eingetragenen Partnerschaften.

Seit sechs Jahren wird versucht, dieses Problem auf verschiedenste Weisen zu beheben. Auch ich habe dazu mehrere Vorstösse eingereicht. Bisher erfolglos, das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) und der Bundesrat verweigern sich seit Jahren einer angemessenen Lösung. Die Coronakrise trifft nun genau ins Herz dieser Problematik. Das SECO verspricht jetzt zwar Soforthilfe, doch fehlt aktuell die gesetzliche Grundlage und das notwendige Tempo der Unterstützungsleistungen kann nicht eingehalten werden.

Bereits im Jahr 2014 wollte die Grünliberale Fraktion den Bundesrat beauftragen, die Benachteiligung von Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung bei KMU (insbesondere GmbH und AG) im Vergleich zu Grossunternehmen, Selbstständigerwerbenden sowie Arbeitnehmenden – mit gleichzeitiger Sicherstellung der Verhinderung von Missbräuchen – zu beheben und das Arbeitslosenversicherungsgesetz (AVIG) entsprechend anzupassen. Siehe: https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20144195 Der Bundesrat hat das abgelehnt. Die Zeit für eine Behandlung im Rat bis zur Abschreibung ist verstrichen, der Vorstoss wurde leider nicht traktandiert.

2017 habe ich das Thema wieder aufgenommen und wiederum verlangt, dass das AVIG angepasst wird, um die Benachteiligung von Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung bei KMU (insb. GmbH und AG) im Vergleich zu Grossunternehmen, Selbstständigerwerbenden sowie Arbeitnehmenden zu beheben. Siehe: https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20173580Der Bundesrat hat auch das abgelehnt. Die Zeit für eine Behandlung im Rat bis zur Abschreibung ist wiederum verstrichen, ohne dass der Vorstoss traktandiert wurde.

Weil das SECO während Jahren trotz den Vorstössen und persönlichen Gesprächen eine Lösung verweigerte, bei der Arbeitgeber und Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung angemessen von Leistungen der Arbeitslosenkasse profitieren könnten, habe ich 2018 als nächsten Schritt gefordert, dass diese Personen im Gegenzug auch keine ALV-Beiträge bezahlen müssen. (https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20183662) Der Bundesrat lehnt auch diesen Vorstoss ab. Er ist aktuell im Parlament hängig und wurde noch nicht traktandiert.

Der Bundesrat und das SECO fokussieren in der ganzen Diskussion zu stark auf das Missbrauchsrisiko– dieses könnte man mit einer guten Regulierung minimieren – und vernachlässigt dabei die Härten und Ungerechtigkeiten, die im heutigen System bestehen.Im April 2019 hat die Sendung Espresso von Radio SRF 1 hat dieses Thema aufgrund meiner Vorstösse aufgenommen: https://www.srf.ch/sendungen/kassensturz-espresso/tausende-zahlen-arbeitslosengeld-fuer-die-katz-2 (meine Voten ab 04:50)

Im Februar 2020 hat sich Andri Silberschmidt (FDP) bei mir gemeldet, er wolle mithelfen, um das Problem nochmals auf die Agenda zu bringen. Gemeinsam haben wir in den vergangenen Wochen eine Lösung gesucht. Am vergangenen Donnerstag haben wir eine entsprechende parlamentarische Initiative (unterzeichnet von Unternehmerinnen und Unternehmern aus allen Bundeshausparteien) eingereicht, um das Problem über die zuständigen Kommissionen zu lösen, weil das SECO und der Bundesrat sich während Jahren geweigert haben, etwas zu tun: https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20200406

Dieser Vorschlag hat zwar das Potenzial, das Problem auf lange Sicht zu lösen. Für die aktuelle Coronakrise kommt er aber zu spät.

Wer in guten Zeiten nicht vorsorgt, hat den Schlamassel in der Not.

Meine Forderung

Der Bundesrat muss umgehend eine tragfähige Lösung finden. Arbeitgeber/-innen wie auch Personen in geschäftsführenden Positionen haben immer ALV-Abgaben bezahlt und müssen mindestens für die Zeit der Corona-Krise im Bedarfsfall auch Leistungen der Versicherung beziehen können. Damit können auch Arbeitgeber/-innen und Geschäftsführer/-innen rasch und unbürokratisch von der Kurzarbeitsentschädigung profitieren.

Die Arbeitslosenversicherung muss dauerhaft den aktuellen Gegebenheiten angepasst und fairer ausgestaltet werden.

19.3.2020 Jürg Grossen